Kreide und Fossilien

Die Kreideküste Jasmunds ist der größte und bedeutendste geologische Aufschluss Norddeutschlands

Sie stellt einen Schnitt durch 70 Millionen Jahre Erdgeschichte dar. Neben Kreide besteht die Küste aus Sand, Lehm, Mergel, Steinen und Findlingen. Die chaotisch anmutende Schichtung zeugt von gewaltigen, längst vergangenen Ereignissen.

© L. Storm
Wer findet den Seeigel?

Die Kreidezeit, das Zeitalter der Dinosaurier

Die Geschichte der Rügener Kreideküste beginnt am Ende der Kreidezeit vor rund 70 Millionen Jahren. Es war die Zeit der Dinosaurier und anderer, heute ausgestorbener Tiere und Pflanzen. Das Klima war deutlich wärmer als heute, die Pole waren eisfrei, die Gebirge ohne Gletscher. Im Bereich des heutigen Mitteleuropas erstreckte sich ein flaches Schelfmeer, das im Norden von Schweden und im Süden durch die Alpen begrenzt wurde, welche sich eben erst durch den Zusammenstoß der afrikanischen Kontinentalplatte mit Europa vom Meeresboden emporgefaltet hatten. Am Grund des Schelfmeeres entstand die Kreide.

Schicht für Schicht

In diesem Meer gab es reichhaltiges Leben, vor allem im mikroskopischen Bereich. Einzellige Kalkalgen von ca. 0,01 Millimeter Größe gab es in großen Mengen. Diese winzigen Lebewesen bilden Skelette aus Kalk . Die Kalkplättchen nennt man Coccolithen und die Organismen, die sie tragen, Coccolithophoriden. Solche Algen sind auch heute noch in den Meeren weit verbreitet. Stirbt so ein Einzeller, sinkt sein Skelett auf den Meeresgrund. Die ständig niederrieselnden Coccolithen, dazu die Skelette anderer Organismen wie Wurzelfüßer (Foraminiferen) und Muschelkrebse (Ostrakoden), bildeten immer dickere Schichten von Kalkschlamm auf dem Meeresboden und verdichteten sich zu dem aus fast reinem Kalziumkarbonat (kohlensaurer Kalk = CaCO3) bestehenden Gestein, das wir heute Rügener Schreibkreide nennen.

Fossilien, die Spuren vergangen Lebens

Die Kreide selbst besteht aus Fossilien. Aber neben solchen mikroskopisch kleinen Organismen gab es ein weitaus vielfältigeres Leben im Kreidemeer. Was immer auch damals im freien Wasser oder am Meeresgrund lebte und über dauerhafte Strukturen wie Schalen, Gehäuse oder Skelett verfügte, hinterließ Überreste, die wir mit Glück heute am Strand finden können. Allerdings sind sie selten vollständig und unbeschädigt. Von der Einbettung in die Kreide bis zur Bearbeitung durch die Ostseebrandung gab es in 70 Millionen Jahren viele Gelegenheiten, sie zu beschädigen. Feine Strukturen sind so gut wie gar nicht erhalten, und meist findet man nur ein „Negativ“, indem z.B. die Schale sich mit Feuerstein füllte und selbst verloren ging. Am häufigsten sind die „Donnerkeile“ zu finden. Wegen ihrer Form hielt man sie wohl früher für Spuren von Blitzen, die der germanische Donnergott geschleudert hatte. Tatsächlich waren sie einmal das innere Stützelement kreidezeitlicher Tintenfische, der Belemniten, vergleichbar dem Schulp heutiger Tintenfische. Weiterhin kann man im Steingeröll unterhalb der Kreidefelsen Seeigel, Muscheln, Korallen und viele andere Fossilien finden. Umfassend sind die Fossilien der Kreide im Kreidemuseum Gummanz  ausgestellt.

Suchen erlaubt, Mitnehmen kritisch

Das Suchen und Entdecken von Fossilien und Strandgut macht Spaß. Hier gilt allerdings: Machen sie besser ein Foto als Erinnerung, anstatt die Fundstücke als Souvenir mit nach Hause zunehmen. So können sich auch zukünftige Besucher*innen daran erfreuen und der Zauber der Blockstrände bleibt erhalten.