Nationalpark-Geschichte

Der Lauf der Zeit hinterlässt Spuren

Um diese besondere Landschaft  zu verstehen, sollte man ihre Geschichte kennen. Im Nationalpark Jasmund finden sich Zeugnisse verschiedener Epochen der Erd- und Menschheitsgeschichte. Das Spektrum reicht von Milliarden Jahren alten Gesteinen, die von eiszeitlichen Gletschern aus Skandinavien verschoben wurden, über die 70 Millionen Jahre alte Rügener Schreibkreide mit ihren Fossilien und Feuersteinen, die Bodendenkmäler aus frühgeschichtlicher Zeit bis zu einem aus Amerika stammenden Mammutbaum, der vor Ausweisung des Nationalparks von einem Förster gepflanzt wurde.

Weiße Kreidefelden an der türkisfarbenen Ostsee im Nationalpark Jasmund © I. Stodian
Kreideküste im Nationalpark Jasmund

Die Landschaftsgeschichte

Von der Eiszeit in die Gegenwart

Das Gebiet des Nationalparks Jasmund wurde während der letzten Eiszeit von Inlandgletschern überprägt. Sie stauchten die im Untergrund anstehende Kreide und ältere eiszeitliche Schichten zu einem Höhenrücken auf. Er ragt heute 161 m über die Ostsee und besitzt ein stark gegliedertes Relief.

Vor etwa 14.000 Jahren endete die Vergletscherung im Gebiet Rügens. Nachfolgend breiteten sich zunächst eine Kältesteppe, später Birken- und Kiefernwälder, dann Eichenmischwälder aus.

Vor etwa 6.000 Jahren stieg der Meeresspiegel auf sein heutiges Niveau an. Hochgebiete wie Jasmund wurden zu Inseln. Durch die abtragende Wirkung von Wellen und Strömungen entstanden Steilufer, die bis heute das Landschaftsbild prägen.

Vor 800 Jahren drangen Buchenwälder in das Gebiet vor. In abflusslosen Senken entstanden Seen, die verlandeten und zu Mooren wurden.

Ur- und Frühgeschichte

Von Jägern, Sammlern und den ersten Bauern

Das Gebiet der heutigen Halbinsel Jasmund ist seit der mittleren Steinzeit bewohnt. Bodenfunde und Bodendenkmäler wie auch pollenanalytische Befunde machen es möglich, die Siedlungsgeschichte zu rekonstruieren.

Vor etwa 5.500 Jahren hinterließen Jäger und Sammler der sogenannten Lietzow-Kultur vor allem Abschläge aus Feuerstein. Sie fielen bei der Herstellung von Waffen und Werkzeugen an.
Die ältesten jungsteinzeitlichen Bauernkulturen sind etwa 5.000 Jahre alt. Erstmals lichtete der Mensch in dieser Zeit die bis dahin geschlossene Waldlandschaft auf. Bodendenkmäler dieser Epoche sind die Großsteingräber.

Aus der vor etwa 3.800 Jahren beginnenden Bronzezeit stammen Burgwälle und Hügelgräber. Die kontinuierliche Besiedlung Jasmunds lässt sich durch die Eisenzeit bis zum Beginn der Völkerwanderung belegen.

Vor etwa 1.700 Jahren verlässt der bis dahin auf Rügen ansässige germanische Stamm der Rugier die Insel. Erneut breitet sich der Wald aus. Seither hat es auf Ostjasmund keine wesentlichen Rodungen mehr gegeben.

Naturschutzgeschichte

Seit den Holzordnungen des 16. Jahrhunderts

Auf Jasmund reicht die Geschichte des Naturschutzes im weiteren Sinne bis ins 16. Jahrhundert zurück. Ziel war zunächst der rein wirtschaftlich begründete Schutz der Rohstoffquelle Wald. 1586 wurde eine erste Holzordnung erlassen. Sie steht am Anfang jahrhundertelanger Bemühungen um die nachhaltige Waldnutzung auf Ostjasmund.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts drohte die Zerstörung der Steilufer durch den Kreideabbau. Dies rief Naturliebhaber auf den Plan und 1929 wurde das “Naturschutzgebiet Jasmund” per Polizeiverordnung ausgewiesen. Diesem folgte 1986 das “Naturschutzgebiet Quoltitz” im Westteil des heutigen Nationalparks.

Mit der politischen Wende in der DDR drohte dem Gebiet die Gefahr der hemmungslosen touristischen Vermarktung. 1990 – im Zuge des Nationalparkprogramms der DDR – konnte der Nationalpark Jasmund etabliert werden. Damit fand eine Idee ihre Umsetzung, die 1964 von Lebrecht Jeschke erstmals formuliert worden war.