Der Natur zu liebe im Einsatz – Rangerinnen und Ranger

Die erst neulich erschienene NDR-Reportage „Stress im Nationalpark“ macht es deutlich: Die Arbeit als Ranger in einmaliger Natur hat zwei Seiten. Zum Welttag des Rangers am Sonntag berichtet Rangerin Lina von ihren Erfahrungen im Nationalpark Jasmund und verweist auf den Hintergrund dieses besonderen Tages.

Rangerin Lina Göring © K. Bärwald
Rangerin Lina Göring im Nationalpark Jasmund unterstützt den Weltetag der Ranger und die Organisation "The Thin Green Line".

Lina arbeitet seit vier Jahren als Rangerin im Nationalpark Jasmund. Davor war sie im Biosphärenreservat Niedersächsische Elbtalaue und im Regionalverband Ruhr tätig. Sie hat somit auch Erfahrungen aus anderen Schutzgebieten. Die Aufgaben unterscheiden sich etwas. „Im Biosphärenreservat gehören mehr praktische Tätigkeiten wie die Landschaftspflege zum Arbeitsalltag dazu. Zudem erstreckte sich das Gebiet auf einer größeren Fläche. Dadurch waren weniger Leute auf einem Fleck.“ Lina konnte einen Vergleich zwischen ihrer jetzigen Arbeit und der im Ruhrgebiet ziehen: Es sind viele Menschen auf engerem Raum unterwegs.

Bei der Gebietskontrolle ist Lina meist bei der Stubbenkammer und am Hochuferweg, also in der Nähe des Königsstuhls, unterwegs. Sie gibt ungern Geheimtipps von ihren Lieblingsorten weiter, um sie besonders vor den Menschen zu schützen. Die Jahre der Corona-Pandemie haben auch die Arbeit der Ranger*innen verändert. „Die letzten beiden Jahre waren sehr stressig. Es kam eine andere Klientel zum Urlaubmachen nach Rügen. Unter den vielen Leuten waren Wenige für die Natur sensibilisiert.“ Im Nationalpark Jasmund wurden mehr Ordnungswidrigkeiten festgestellt als in den Jahren vor der Pandemie. Die Probleme scheinen auch bundesweit in den anderen Großschutzgebieten bekannt zu sein. „Dieses Jahr hat aber sanfter gestartet. Es sind wieder mehr dankbare Gäste unterwegs, die bereit sind, zuzuhören.“
 

Der Job der Ranger*in – mehr als nur „Wald-Polizei“

Zu den Aufgaben eines Rangers gehört vorranging die Gebietskontrolle. Diese geschieht auch stichprobenartig zu wechselnden Tageszeiten. Weitere praktische Tätigkeiten wie Pegelstandsmessungen und Verbiss-Monitoring gehören ebenfalls dazu. Bei Ranger-Führungen bekommen Teilnehmende Experten-Wissen über den Nationalpark aus erster Hand. Lina berichtet, dass Bezeichnungen von Rangern von „Wald-Polizei“ bis hin zu „grünen Gurus“ reichen. Sie sieht die Funktion von Rangern aber auch als eine Art Seelsorger, Lebensberater und vor allem „Begeisterer“. Denn Ranger müssen oft ein offenes Ohr für Gäste des Nationalparks haben. Sie gehören nämlich zu den Botschaftern zwischen Mensch und Natur. Damit ein Miteinander funktioniert, ist vor allem der Mensch gefragt. „Starke Nerven und vor allem Geduld müssen wir als Ranger für den Job mitbringen“. 
 

Wünsche und Appelle an Nationalpark-Besucher*innen

Generell wünschen sich Ranger*innen, dass die Besucher*innen mit Bewusstsein in die Schutzgebiete reisen und sich als Gäste in der Natur verhalten. Dazu gehört eben auch, die menschlichen, „städtischen“ Bedürfnisse zurückzustellen und der Natur ihren Raum zu geben. Lina hofft, dass die Gäste sich vorher gezielt informieren, vor allem über das richtige Verhalten in einem Nationalpark. Dazu gehört das bewusste Wahrnehmen von Schildern und Wegweisern. Das Einhalten des Wegegebots schützt nicht nur die Natur, sondern auch seine Besucher*innen. Vor allem die Kreidefelsen im Nationalpark Jasmund bringen Gefahr mit sich. Jährlich gibt es dort zwei bis drei Tote und zahlreiche Rettungseinsätze. Dabei begeben sich die Rettungskräfte ebenfalls in Lebensgefahr. Dabei ist das Klettern am Steilufer streng untersagt. Auch vom Spazieren vom Strand entlang der Felsen wird abgeraten. Linas Kollege Karsten verweist ebenfalls ausdrücklich auf das Wegegebot. „Wir wollen, dass alle Besucher die beeindruckende Natur im Nationalpark Jasmund sicher erleben können. Deshalb bitte die ausgewiesenen Wanderwege nicht verlassen.“
 

Die schönen Seiten des Ranger-Jobs

Dennoch erlebt Lina auch positive Momente, die ihr Kraft und Motivation für ihre Arbeit im Nationalpark spenden. Dazu gehören Begegnungen mit Besucher*innen, die den Nationalpark mit Bedacht erleben. Diese Besucher*innen schätzen die Arbeit von Lina und ihren Kolleg*innen wert und verstehen, dass sich Ranger*innen für den Erhalt dieser einmaligen Natur einsetzen. Besucher*innen, die am Ende einer Ranger-Führung begeistert sind, geben ebenfalls direkte positive Rückmeldungen. Ansonsten ist es für Lina ein Privileg, außerhalb vom Büro zu arbeiten. „Das Draußensein allgemein motiviert mich und die damit verbundene Flexibilität und Freiheit, sich in den verschiedenen Orten des Nationalparks frei bewegen zu können. Durch meinen Job kann ich die Jahreszeiten auch bewusster wahrnehmen.“ Besonders schöne Momente bei Gebietskontrollen sind Begegnungen mit Tieren, die meist zu ruhiger Stunde geschehen.
 

World Ranger Day und die Sorgen der Ranger*innen

Lina möchte am Welttag der Ranger auf die Bedeutung dieses besonderen Tages hinweisen. „Wir Ranger in Europa können uns noch auf Wolke 7 sehen. Wir müssen keine Angst haben, von gefährlichen Tieren oder von Wilderern tödlich angegriffen zu werden.“ Der Welttag der Ranger wurde nämlich ins Leben gerufen, um verunglückten Ranger*innen und ihren Hinterbliebenen zu gedenken. Sie verweist auf die Organisation The Thin Green Line Foundation und die Möglichkeit darüber zu spenden.
 

Im Nationalpark Jasmund tragen die Ranger*innen auch einige Sorgen mit sich herum. Die Aggressivität mancher Besucher*innen hat zugenommen. Lina berichtet. „Auch wir haben Angst vor körperlichen Angriffen. Jugendliche z.B., die nachts verbotenerweise im Nationalpark zelten, sind oft unberechenbar. Es könnte da auch mal einer dabei sein, der ein Messer zückt.“ Generell gäbe es zu wenig Rangerstellen in den Nationalparken. Dazu kommen viele Menschen auf engen Raum zusammen. Das erzeugt Konfliktpotenzial. Lina findet, dass die Werbung für den Tourismus nicht auf die Kapazitäten der Region ausgerichtet ist. Wander-Apps, in denen Wege eingezeichnet sind, die im Nationalpark nicht benutzt werden sollen, erschweren die Besucherlenkung im Nationalpark. Hinzu kommt, dass rechtliche Grundlagen das Durchgreifen von Ranger*innen erschweren. „So darf z.B. ein zurückgelassenes Zelt nicht einfach abgebaut werden, obwohl so die Gefahr besteht, dass das andere zum Zelten einlädt.“


Lina wünscht sich zukünftig zum Welttag der Ranger ein Fest, um mehr Menschen für die Arbeit der Ranger*innen zu sensibilisieren und so mehr Verständnis und Wertschätzung zu erlangen.

Rangerführung im Nationalpark Jasmund vor Informationstafeln. © I. Stodian
Ranger sind mehr als die „Wald-Polizei“. Sie führen mit Expertenwissen durch den Jasmunder Nationalpark.
Ranger sind mehr als die „Wald-Polizei“. Sie führen mit Expertenwissen durch den Jasmunder Nationalpark.
Ranger Udo Köpnick im Nationalpark Jasmund © K. Bärwald
Ranger Udo Köpnick im Nationalpark Jasmund
Ranger Udo Köpnick im Nationalpark Jasmund
Rangerin Lina Göring im Nationalpark Jasmund © K. Bärwald
Rangerin mit Herz für die Natur und Engagement für "The Thin Green Line" Lina Göring
Rangerin mit Herz für die Natur und Engagement für "The Thin Green Line" Lina Göring